Hintergrund zu „An seiner Saite“ und „An ihrer Saite“
Die wohl meistgestellte Frage zu meinen Cello-Büchern (begleitet von einem verschmitzten Blick) ist „Hast du das so erlebt? Wie viel davon ist denn wahr?“.
Ich kann die Frage verstehen. Auch ich als Leserin möchte bei Büchern, die ich lese, erfahren, wie viel vom Leben des Autors/der Autorin tatsächlich in das Buch geflossen ist. Ob es Szenen gab, die so oder so ähnlich passiert sind, ob Figuren reale Vorbilder „im echten Leben“ haben oder wodurch der Autor/die Autorin zu dem Buch inspiriert wurde.
Bei meinen Cello-Büchern ist es so, dass die Idee im Jahr 2009 entstand, als ich zu studentischen Praktika für 6 Monate in Japan war. „Big in Japan“ war gerade in der ersten Auflage erschienen und es war ein tolles Gefühl, dass ich tatsächlich ein Buch geschrieben hatte. Trotzdem dauerte es noch einmal fast 10 Jahre, bis das erste Cello-Buch erschien. Was war in der Zwischenzeit passiert?
2009-2016
Etwa 5 Jahre lang verschenkte und verkaufte ich „Big in Japan“ im Bekanntenkreis. Es war bei Monsenstein & Vannerdat erschienen, die 2015 leider ihren Print-on-Demand-Verlag (es war einer der ersten dieser Art) aufgeben mussten. Ihre Buch-Projekte fanden bei epubli ein neues zu Hause und so kam es, dass mein Japan-Reisebericht 2016 in neuer Auflage bei epubli erschien. Das war mein tatsächlicher Start ins Selfpublishing. Vorher war ich mit meinem Studienabschluss und Jobeinstieg beschäftigt. Die Selfpublisher-Branche im Internet kannte ich noch nicht und Social Media war damals auch noch eher eine Randerscheinung für mich.
2016-2021
Mit dem Wechsel zu epubli entdeckte ich die Indie-Buchszene mit all ihren Möglichkeiten. Bei einem Wettbewerb der Leipziger Buchmesse gewann ich einen Stand für die LBM2018 und beschloss, für diesen Messebesuch ein neues Buch zu schreiben. Es hätte doch zu traurig ausgesehen, wenn ich dort mit nur einem Buch gestanden hätte. Zeitgleich erfuhr ich über Freunde vom NaNoWriMo, dem Schreibmonat, in dem Schreiberlinge auf der ganzen Welt versuchen, in 1 Monat 1 Buch zu schreiben. Das war ein tolles, machbares Ziel (ich mochte die Herausforderung) und so schrieb ich aus den Notizen zu meinem Japanaufenthalt 2009 den halbautobiografischen Roman „An seiner Saite“.
Also ja, viele Dinge aus „An seiner Saite“ sind so oder ähnlich passiert. Mit Mona habe ich ein Alter Ego von mir erschaffen, das viele Eigenschaften von mir mitbringt. Um ehrlich zu sein, haben fast alle Personen in „An seiner Saite“ reale Vorbilder und viele Szenen sind – in meiner Erinnerung – so passiert.
Etwa auch die Begegnung mit Ken, dem Cellisten?
*Lässt die Katze aus dem Sack* … Ken Katsumoto aus meiner Cello-Dilogie hat ein reales Vorbild, das ich in Japan getroffen habe. (In Japan gibt es eine lebendige Indie-Musik-Szene und man kann tatsächlich viele Musiker/innen auf der Straße oder in kleinen Bars treffen.) Alles, was im Buch über Fan-zu-Musiker-Gespräche hinausgeht, ist allerdings reine Fiktion. Ich kann mich schnell für Künstler, die ich bewundere, begeistern und habe mir einfach die Frage gestellt: Könnte aus so einer Begegnung zwischen extrem unterschiedlichen Menschen ein Liebespaar entstehen? So wurde die Idee zu „An seiner Saite“ und „An ihrer Saite“ geboren.
Es war ein zusätzlicher Glücksfall für meine Inspiration, dass während meines Aufenthalts in Japan 2009 der Film „Okuribito“ (Nokan – Die Kunst des Ausklangs) so massiv beworben wurde. Und dass mich dieser Film genau wie viele andere Kino-Fans (auch Jahre später immer wieder) begeistert hat. Die Emotionen, die Tiefe, die Cello-Musik, die Landschaft, Japan, das Familienthema … ich liebe einfach alles an dem Film. Auch den gesamten Hintergrund, dass Hauptdarsteller Masahiro Motoki sich persönlich jahrelang für diesen Filmstoff eingesetzt und sogar Cellospielen und Bestattungswesen gelernt hat. Schaut euch den Film unbedingt an. Für mich ist es eine ganz große Perle der Filmgeschichte und ich habe ihn während meiner Arbeit an „An seiner Saite“ und auch 2 Jahre später bei „An ihrer Saite“ noch mehrmals geschaut – oder zu der Musik geschrieben.
Übrigens kann man Masahiro Motoki auch in der Netflix-Serie „Giri/Haji“ (wörtlich „Pflicht/Scham“) als Yakuza-Boss bewundern, was noch ganz andere Genüsse verspricht. Leider ist die Krimi-Thriller-Serie von 2019 nur eine Staffel lang (schnief).
Ein anderer großer Einfluss auf „An ihrer Saite“ war die Serie „After the Rain“ von Jun Mayuzuki (japanisch: Koi wa Ameagari no Yō ni, deutsch: Liebe ist wie nach dem Regen).
Sie erschien 2018 in einer haptisch schönen Manga-Ausgabe auf deutsch im Verlag Altraverse (10 Bände) und in einer zwölfteiligen Anime-Serie bei Amazon-Prime. In dieser ruhigen Coming-of-age-Geschichte verliebt sich eine 17-jährige Oberschülerin bei ihrem Schülerjob in ihren Chef: einen 45-jährigen alleinerziehenden Vater. Wie überfordert dieser auf das fest von ihren Gefühlen überzeugte Teenager-Mädchen reagiert, ist zuweilen amüsant, aber auch herzerwärmend.
Diese Serie habe ich während meiner Arbeit an „An ihrer Saite“ sowohl als Manga als auch als Anime sehr genossen und deshalb sind sicher einige Aspekte mit in mein Romanprojekt hineingeflossen. Und so verweben sich persönliche Erlebnisse von mir als Autorin mit Geschichten aus der Popkultur und gedanklicher Fiktion zu einem Romanprojekt, was euch hoffentlich ganz viel Freude bereitet.